als ich erstmals so aus dem augenwinkel ein bild von wolf-peter gesehen hab, hat es mich gepackt - wollte näher hinschauen und fürchtete mich irgendwie.
vorsichtig schaute ich mir das bild an. selbstverständlich interessierte mich brennend das versteckte, das überdeckte, erinnerte mich an rainers übermalungen und war doch ganz was anderes. was neues, das ich nicht
kannte. ich dachte, das ist die idee, gut, sehr gut.

erst das schauen vieler bilder von wolf-peter miksch ließ mich die ganz große kunst, die nicht nur aus einer sehr guten idee und hartnäckigkeit besteht, erkennen. und ich machte, was ich noch nie tat. ich schaute auf ein bild und
suchte mir eine passende musik. so eine echt tiefe musik -beispielsweise von dimitri dimitrewitsch schostakowitsch oder karl wilhelms krbavac soloorchester.

beschäftigte mich das erste bild von wolf-peter miksch noch mit dem „dahinter", richtete sich bei den nächsten bildern meine aufmerksamkeit auf die farben, die
unheimlich vielen schattierungen der farben, sowie die unheimlich vielen möglichkeiten der konturen.

große kunst bringt immer neues für einen selber. ist hiemit auch entdeckung des selbst. so entdeckte ich, welches „blau" mich begeisterte und welches „braun" ich gar nicht mag. Und ich entdeckte, meine viel zu schnelle ablehnung von diesem bestimmten braun. plötzlich in anderer konstellation gefiel es mir, sah gar nicht mehr aus wie das „braun", das ich nicht mochte. wolf-peter
miksch bilder befreien mich -zumindest für einige zeit- von meinen gängigen mustern in meinem kopf.

das ist ein grund, warum ich seine bilder so gern seh - abgesehen von ästhetischen gründen. ein anderer grund ist der neue platz in uns, den uns seine bilder verschaffen, so wie jede große kunst. ein platz, der uns nicht einengt, sondern freier macht. etwas tiefer in uns eindringen lässt. vor allem aber uns möglichkeiten zeigt, die schier unbegrenzt scheinen und vielleicht auch
sind. um das zu wissen, bitte ich wolf-peter miksch noch viele bilder herzustellen.

stephan eibel erzberg
Veröffentlicht im Buch

WOLF-PETER MIKSCH  CUT-PAINTINGS 2018